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Taxifahrer Akcaglar: „Uber klaut uns, unter Missachtung der Gesetze, die Fahrgäste“
Interview

Taxifahrer Akcaglar: „Uber klaut uns, unter Missachtung der Gesetze, die Fahrgäste“

Ferdi Akcaglar ist geschäftsführender Vorsitzender der Taxi Augsburg eG und Taxiunternehmer. Seit 35 Jahren ist er mit dem Taxi
Ferdi Akcaglar ist geschäftsführender Vorsitzender der Taxi Augsburg eG und Taxiunternehmer. Seit 35 Jahren ist er mit dem Taxi auf den Straßen der Stadt unterwegs. Foto: Taxi Augsburg eG

ÖPNV, swaxi, Uber, E-Scooter und Carsharing – in Augsburg gibt es ein breites Beförderungsangebot. Das und weitere Veränderungen haben den Taxibetrieb in den letzten Jahren beeinflusst. Ferdi Akcaglar, geschäftsführender Vorsitzender der Taxi Augsburg eG und Taxiunternehmer, gewährt einen Einblick hinter die Kulissen der Branche.

B4BSCHWABEN.de: Was genau ist die Taxi Augsburg eG?

Ferdi Akcaglar: Es handelt sich hierbei um eine Genossenschaft der Augsburger Taxiunternehmen, die sich aus Mitgliedsbeiträgen finanziert. Sie wurde 1907 gegründet und ist bis heute eine Monopolzentrale im Stadtgebiet. Zu ihr gehören 140 Taxiunternehmen, die 209 Taxis betreiben. Der Großteil der Mitglieder sind Einzelunternehmen, die mit ihren Mehrwagenbetrieben den Beförderungsmarkt bedienen. Jährlich nutzen rund 1,5 Millionen Fahrgäste unsere Dienstleistungen. Je nach Saison und Witterung werden an guten Wochenenden bis zu 180.000 Kilometer gefahren.

Welche Voraussetzungen muss ein Taxifahrer erfüllen?

Wer selbst fahren möchte, muss mindestens 21 Jahre alt sein und seit zwei Jahren den Führerschein der Klasse B besitzen. Bei der zuständigen Führerscheinstelle wird dann der Personenbeförderungsschein beantragt, der in ganz Deutschland gültig ist. Hinzukommt eine arbeitsmedizinische Untersuchung nach der Fahrerlaubnisverordnung (FEV). Diese beinhaltet einen Sehtest, eine ärztliche Untersuchung und einen Reaktionstest. Das Ergebnis ist ein Jahr gültig. Daneben müssen die Interessenten verbindlich an drei Funkschulungen teilnehmen und eine Prüfung ablegen.

Wie hat sich der Wegfall der Ortskenntnisprüfung ausgewirkt?

Ortskenntnis bedeutet nicht nur, die Straßennamen zu wissen, sondern viel mehr: Seine Stadt in jeder Hinsicht zu kennen. Wir bedauern den Wegfall im Jahr 2021, denn das hat die Dienstleistungsqualität gemindert. Wir und viele der örtlichen Taxizentralen in Großstädten haben auf diesen Missstand reagiert. Mit einer besseren Schulung und einer niederschwelligen Prüfung schufen wir eigene Voraussetzungen für angehende Fahrer.

Wie haben sich die Auftragszahlen in den letzten Jahren entwickelt?

Das Geschäft hat sich bis zur Corona-Pandemie gut entwickelt und wir hatten jährliche Auftragssteigerungen zu verzeichnen. Mit dem Beginn der Pandemie gab es einen extremen Einbruch, weil der Alltag der Bevölkerung zum Erliegen kam. Das hat sich nach Aufhebung der Corona-Schutzmaßnahmen allmählich wieder gefangen. Bei den Fahrgästen gab es definitiv viel Nachholbedarf. Die Auftragszahlen waren höher als zuvor.

Welchen Einfluss haben Beförderungsangebote wie Uber, Carsharing und E-Scooter?

Wir haben damit gerechnet, dass der Dienstleister Uber auch zu uns kommt. Im September 2022 war es dann so weit. Dieser Konkurrent klaut uns unter systematischer Missachtung bestehender Gesetze immer mehr Fahrgäste. Das Taxigewerbe kann aktuell nicht gegen Dumpingpreise und hohe Subventionen der Plattformbetreiber – welche an die Beförderer der Plattformen fließen und damit betriebswirtschaftliche Mechanismen außer Kraft setzen – konkurrieren. Hier muss der Gesetzgeber seine Kontrollpflichten konsequent durchführen und Verstöße ahnden. Carsharing-Modelle und E-Scooter hatten lediglich geringfügige Rückgänge bei den Auftragszahlen zur Folge.

Wie haben Sie auf Uber reagiert?

Indem wir Maßnahmen ergriffen haben, um unseren Service zu optimieren. Wir investieren kräftig in Werbung – wie beispielsweise für unsere Taxi App. Mit dieser können selbst Geschäftskunden das Fahrtenmanagement für ihre Mitarbeitenden einfach übernehmen. Auch in den sozialen Medien sind wir nun vertreten, um die jüngere Klientel zu erreichen. Aktuell feilen wir zudem an den Feinheiten, was die Qualität der Beförderung und die Erreichbarkeit angeht.

Wie lässt sich wieder ein fairer Wettbewerb herstellen?

Wir haben bei der Stadt Augsburg einen sogenannten Tarifkorridor beantragt, der aktuell in Bearbeitung ist. Seit der Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes können Kommunen den Taxiunternehmen einen Festpreis ermöglichen. Den Anfang machte München, seit Anfang Juli hat Berlin es ebenfalls eingeführt. Ich bin mir sicher, dass viele Städte folgen werden, da es einfach an der Zeit ist. Wir selbst hoffen, dass wir bereits ab Herbst 2024 unseren Fahrgästen vor Fahrtantritt einen verbindlichen Festpreis mitteilen dürfen. Wir gehen damit dem Bedürfnis unserer Kunden nach und können dadurch mit unseren Mitbewerbern mithalten, die das bereits so handhaben.

Ganz anders sieht Ihr Verhältnis zum Ride-Sharing-Dienst swaxi der Stadtwerke Augsburg (swa) aus. Wieso setzen Sie hier auf Kooperation statt Konkurrenz?

Von Anfang an waren wir mit den Stadtwerken im Dialog und haben sogar für zwei Wochen mit unseren Taxis den swaxi Testbetrieb am Wochenende begleitet. Es galt zu verhindern, dass überregionale Pooling-Dienste der Großkonzerne – wie zum Beispiel MOIA (VW-Konzern) oder Clever-Shuttle (Deutsche Bahn AG) – sich im Stadtgebiet ausbreiten. Deren Fahrpreise liegen zwischen denen des ÖPNV und der Taxitarife, sodass von beiden Seiten Fahrgäste abgeworben werden. Daher hat die swa ein eigenes Pooling-Angebot geschaffen, das uns als lokalen Beförderer berücksichtigt.

Warum waren Sie nur an der Anfangsphase des swaxis beteiligt?

Als das swaxi unentgeltlich war, konnten wir auf Grundlage der Freistellungsverordnung teilnehmen. Denn sie besagt, dass unentgeltliche Beförderungen genehmigungsfrei sind. Mittlerweile kostet der On-Demand-Service etwas und die Teilnahme der Taxen erfordert eine Genehmigung beziehungsweise einen Subunternehmervertrag mit der swa. So könnten wir zukünftig unabhängig vom Taxitarif mitwirken. Im Herbst findet ein Kennlerngespräch mit dem neuen Geschäftsführer der swa, Rainer Nauerz, statt, um unter anderem eine mögliche entgeltliche Kooperation zu besprechen.

Welche Nachhaltigkeitspolitik verfolgen Sie?

Wir setzen uns dafür ein, dass eine Umstellung auf Elektroautos erfolgt. Dafür haben wir bei der Stadt Augsburg bereits einen Antrag eingereicht, um Fördermittel für den Ausbau der Elektromobilität zu erhalten. Hier warten wir noch auf Rückmeldung. Das größte Problem ist aber die vorhandene Ladeinfrastruktur. Die ist für ein Taxiunternehmen nicht ausreichend. Dort gibt es also noch Nachbesserungsbedarf, um einen regelmäßigen Betrieb aufrechterhalten zu können.

Wie ist die aktuelle Lage bei den Autoherstellern, um diesen klimafreundlichen Bedürfnissen gerecht zu werden?

An der Auswahl passender E-Fahrzeuge mangelt es auf keinen Fall. Ganz im Gegenteil: Viele Hersteller konzentrieren sich auf die Produktion und den Vertrieb von elektrischen Fahrzeugen an Taxiunternehmer. Dadurch wird die Auswahl an Fahrzeugen mit herkömmlichen Antrieben immer kleiner. Seit einem Jahr kamen höhere Werkstattkosten und lange Lieferzeiten – zwischen 12 und 18 Monaten – für Fahrzeugneuanschaffungen hinzu. Verbunden ist dies mit ebenfalls stark gestiegenen Finanzierungskosten. Wir stehen hier vor einem Dilemma, denn eine Umlegung dieser Kosten auf den Fahrpreis würde viele Fahrgäste abschrecken.

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